Wir brauchen hitzefrei, werden es aber nicht bekommen

Ab einer bestimmten Temperatur darf am Bau hitzefrei gegeben werden. Das tut niemand. Auch die wärmste Nacht in Graz seit Aufzeichnungen ändert das nicht.
Fällt die Temperatur in der Nacht nicht unter 20 Grad, so spricht man von einer Tropennacht. Die Folge: Man kann nicht mehr vernünftig durchlüften, der Schlaf leidet darunter. Auch wenn du untertags brav die Fenster geschlossen gehalten hast, damit die Hitze nicht in deine Wohnung kommt, irgendwann hast du geschmeidige 27, 28 Grad daheim. Drinnen ist quasi wie draußen. In Teilen Österreichs hatten wir nach vier Hitzetagen zumindest zwei solcher Nächte, von der Südoststeiermark bis ins Südburgenland und vom Seewinkel bis ins östliche Weinviertel.
Mit 22,5 Grad Celsius gab es in Graz in der Nacht auf Dienstag einen neuen Rekord. So warm war es hier seit Beginn der Aufzeichnungen noch nicht, und die reichen bis 1894 zurück, also fast 130 Jahre. Ähnlich warm war es in der steirischen Landeshauptstadt vor zehn Jahren, 2012, damals wurden allerdings „nur“ 22,3 Grad gemessen.
In den inneren Wiener Bezirken war es nicht ganz so heiß, es „kühlte“ auf 21,5 Grad ab. Allerdings hatte es um Mitternacht noch 28 Grad. Und wir haben gerade einmal Ende Juni. Wenn es am Tag weit über 30 Grad hat, lässt die Konzentration nach, wir neigen vermehrt dazu, Fehler zu machen. Nicht zuletzt deshalb gibt es auch das Konzept des „Hitzefrei“. Die schlechte Nachricht: Egal, ob es draußen 35 Grad hat, solange du im Büro oder in der Schule sitzt, hast du keinen gesetzlichen Anspruch auf Hitzeferien.
Deine Arbeitgeber:innenmüssen auf angenehmes Klima im Büro sorgen
Das einzige, das deine Arbeitgeber:innen beachten müssen: Ist eine Klimaanlage vorhanden, muss die Raumtemperatur zwischen 19 und 25 Grad Celsius betragen, die Luftfeuchtigkeit muss zwischen 40 und 70 Grad liegen. Und gibt es keine Klimaanlage, ist es an den Arbeitgeber:innen, dafür zu sorgen, dass das Raumklima erträglich bleibt: Lüften in der Nacht, Vorhänge, Rollos oder Jalousien, um die Fenster verdunkeln zu können, Ventilatoren aufstellen, Getränke bereitstellen, alkoholfrei, versteht sich.
Arbeitest du am Bau, können dir deine Arbeitgeber:innen ab 32,5 Grad hitzefrei geben. In dem Fall erhältst du als Arbeiter:in 60 Prozent deines Lohnes, die Unternehmen sind fein raus, sie bekommen die Kosten voll und ganz erstattet. Aus Profitgier und Angst, Aufträge zu verlieren, wird von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht. Und weil die meisten Arbeiter:innen nicht ganz zu Unrecht um ihre Jobs fürchten, wenn sie aufmucken, arbeiten sie bis zum Umfallen in der Hitze.
Nicht nur Menschen, auch Fiakerpferde leiden unter der Hitze
Unter der Hitze leiden nicht nur Menschen, sondern auch Tiere. Fiakerpferde müssen in der prallen Sonne auf Asphalt ausharren, der sich auf 60 Grad erheizt - da helfen auch Hufeisen wenig, im Gegenteil. Nachdem der Vorstoß von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), ein komplettes Fiakerverbot auszusprechen, auf taube Ohren gestoßen ist, kam die Idee auf, den Tieren zumindest ab 30 Grad hitzefrei zu geben. Auch das fand keine Zustimmung. In Wien hat man sich darauf geeinigt, den Fiakern ab 35 Grad hitzefrei zu geben. Ziemlich hohe Messlatte, aber immer noch besser als in Salzburg-Stadt, wo diesbezüglich gar nichts unternommen wird.
In der Zwischenzeit kann man nur hoffen, dass die Hitzewelle bald wieder vorübergeht. Derzeit sieht es nicht so aus, bestenfalls eine kurze Erholung am Wochenende sei uns vergönnt. Derweil steigt mit der warmen Luft die Unwettergefahr, Gewitter, Stürme und kurzer Starkregen haben jetzt schon große Schäden angerichtet. Wann wird‘s mal wieder richtig Sommer, ein Sommer, wie er früher einmal war?