Nach Suppen-Attacken: Leopold Museum protestiert auf subtile Art gegen Klimakatastrophe

Gebiete auf Gemälden sind um das Ausmaß der drohenden Temperaturerhöhung gekippt. So will das Leopold Museum auf die Klimakrise aufmerksam machen.
Im Wiener Leopold Museum sorgen seit Mitte März 15 schief aufgehängte Werke namhafter Künstler:innen für Verwunderung. Nun wurde offiziell in einer Aussendung bekannt gegeben, dass die Landschaftsgemälde bewusst schräg montiert worden sind. Sie sind um die Grade der jeweils drohenden Temperatureerhöhung gekippt und sollen so auf die Auswirkungen der Erderwärmung im Zug der Klimakrise aufmerksam machen. Bereits im Zeitraum von 2030 bis 2035 soll die Erhöhung der Temperaturen 1,5 Grad betragen, wie am Montag, dem 20. März, vom Weltklimarat (IPCC) verkündet wurde.
Was findet statt? | Aktion „A Few Degrees More (Will Turn the World into an Uncomfortable Place)“. Landschaftsgemälde der Sammlung sind um genau jenen Grad geneigt, um den die jeweilige Temperaturen der jeweils dargestellten Gebiete steigen könnten. |
Wo ist es zu sehen? | Leopold Museum Wien, Museumslatz 1, 1070 Wien |
Wann geht es los? | 22. März bis 26. Juni 2023 |
Leopold Museum sei „solidarisch mit den Bestrebungen der Klimabewegung“
„Die Auseinandersetzung mit den drängendsten Problemen unserer Gesellschaft ist uns im Leopold Museum als Bildungs- und Vermittlungsinstitution ein zentrales Anliegen“, sagte Leopold Museum-Direktor Hans-Peter Wipplinger in der Aussendung.„Museen nehmen per se eine nachhaltige Rolle in der Gesellschaft ein, indem sie das kulturelle Erbe für die nächsten Generationen bewahren und vermitteln“, sagt Wipplinger weiter. „Sie verstehen sich als Räume der Inspiration und Reflexion über unser Dasein und haben das Potenzial, unser zukünftiges Handeln durch das Bewusstmachen gesellschaftlicher Phänomene positiv zu beeinflussen. In diesem Sinne erklären wir uns solidarisch mit den Bestrebungen der Klimabewegung.“
Dargestellte Landschaften könnten laut Klimaexpert:innen bald verschwunden sein
Das Motto der Kampagne lautet „A Few Degrees More (Will Turn the World into an Uncomfortable Place)“, auf Deutsch „Ein paar Grad mehr (wird die Welt in einen ungemütlichen Ort verwandeln)“. Dabei hat das Leopold Museum mit dem österreichischen Klimaforschungsnetzwerk Climate Change Centre Austria (CCCA) zusammengearbeitet. Die auf den Gemälden von Gustave Courbet, Tina Blau, Gustav Klimt, Koloman Moser oder Egon Schiele zu sehenden Landschaften wurden vor mehr als hundert Jahren verewigt. Und aktuellen Berechnungen der Wissenschafter:innen und Klimaexpert:innen des CCC zufolge könnten diese in ihrer vertrauten Form bald verschwunden sein.
Die Landschaftsgemälde der Sammlung wurden folglich um genau jenen Grad geneigt, um den die jeweilige Temperaturen der jeweils dargestellten Gebiete steigen könnten, würde nicht sofort dagegen eingegriffen werden. Zu sehen sind unter anderem die Atterseeregion, die Voralpen oder die Atlantikküste.
Es ist nicht das erste Mal, dass das Museum in Verbindung mit Klimaprotesten in die Schlagzeilen kommt. Am 15. November 2022 hatten zwei Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ das Schutzglas vor dem Gemälde „Tod und Leben“ von Gustav Klimt mit schwarzer Flüssigkeit überschüttet. Wipplinger hatte zwar damals das Anliegen für berechtigt erklärt. Zum ORF hatte er allerdings ergänzend gesagt: „Der Angriff auf Kunstwerke ist definitiv der falsche Weg.“ Die neue Kampagne will auf andere Art und Weise auf die Klimakrise hinweisen. So soll auf den Infotafeln der Gemälde angeregt werden, auch im eigenen Leben Maßnahmen gegen diese Entwicklungen zu setzen.
Mit dieser Aktion sollen schwer zu fassende Daten verständlich gemacht werden
Laut CCCA-Vorstandsmitglied und Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb sei die Aktion des Leopold Museums sinnvoll, um die Auswirkungen der Klimakrise näherzubringen. „Seit Jahrzehnten warnen Wissenschaftler:innen vor einem vom Menschen verursachten globalen Temperaturanstieg um mehr als 1,5 Grad mit enormen Folgen für die Menschheit“, sagte sie. „Aber diese Daten sind schwer zu fassen. Wir wollen zeigen, was für einen Unterschied ein paar Grad mehr machen. Global gesehen, aber auch in unserer unmittelbaren Umgebung - im Alpenraum, den Seeregionen oder in Wien, die mehrmals zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt wurde.”
Zu sehen ist die Aktion „A Few Degrees More“ für alle Besucher:innen ab Mittwoch, dem 22. März, im Rahmen der Ausstellung „Wien 1900. Aufbruch in die Moderne“ bis 26. Juni. An jedem Sonntag bietet das Leopold Museum um 14 Uhr eine Sonderführung dazu an.