Die Modeindustrie schneidet beim Klimaschutz schlecht ab, sehr schlecht sogar

Die Modeindustrie hat nicht den besten Ruf hat, wenn es um Klimaschutz geht. Eine Studie belegt, dass es in diesem Bereich nur wenig Fortschritt gibt.
Legst du auch nur ein bisschen etwas Wert auf dein äußeres Erscheinungsbild, kommst du um das Thema nicht herum: Mode und wie wir damit umgehen. Mit „wir“ sind in diesem Fall nicht nur die Konsument:innen gemeint, sondern auch die Unternehmen, die unsere mal mehr, mal weniger geschmacklose Bekleidung erzeugen. Mode ist nicht weniger als ein Ausdruck deiner selbst. Auch wenn es manche vielleicht nicht wahrhaben wollen: Wie du dich anziehst und herumläufst, sagt viel über dich aus. Und wenn dir Klimaschutz am Herzen liegt, darfst du nur noch selbstgestrickte, kratzige Wollpullis und Hosen, die schon mehr als fadenscheinig sind, anziehen. Richtig? Falsch. Mode kann gut aussehen, aktuellen Trends folgen und trotzdem umweltfreundlich sein. Das liegt aber eben nicht nur an dir, sondern an den Produzent:innen. Neben Klimaschutz, sollten sich viele Labels auch Diversity auf ihre Fahne heften, wie es einige ja bereits tun. Aber das ist ein anderes Thema.
Der „Circular Fashion Index 2022“ stellt der Modeindustrie kein gutes Zeugnis aus
Der jüngst veröffentlichte „Circular Fashion Index 2022“ der Managementberatungsfirma Kearney stellt der Branche nämlich kein gutes Zeugnis aus. Schon vor zwei Jahren, als die Studie vorgestellt wurde, war das Ergebnis ernüchternd. Auf einer Skala von eins bis zehn zur Bewertung der Klimafreundlichkeit der betroffenen Unternehmen kam man nur auf 1,6. Nun liegt man bei 2,85, immer noch mager, aber eine Steigerung. „Kein Zweifel: Die Modebranche hat sich innerhalb der vergangenen zwei Jahre auf den Weg gemacht und viel angepackt, um den Lebenszyklus ihrer Waren zu verlängern und die Umweltrisiken zu reduzieren“, so Mirko Warschun, Autor der Studie. „Sie steht indes immer noch am Anfang eines längeren Weges, der über Recycling, längere Haltbarkeit, Mietmodelle und verbesserte Pflegehinweise reicht.“
Im Rahmen der Studie zum „Circular Fashion Index 2022“ wurden 150 globale Marken aus 20 Ländern in sechs Kategorien untersucht: Sport und Outdoor, Unterwäsche/Dessous, Luxus, Premium/erschwinglicher Luxus, Massenmarkt und Fast Fashion. Vordergründig wollte man herausfinden, wie nachhaltig die Unternehmen arbeiten und wie sie somit den Lebenszyklus ihrer Produkte verlängern, alles im Sinne einer Kreislaufwirtschaft. Errechnet wurden die Ergebnisse anhand von sieben Kriterien, die Kearney nicht allerdings preisgibt.
Auch das Kaufen von Second-Hand-Ware kann zum Klimaschutz beitragen
Bewertet wurde dabei einerseits der sogenannte Primärmarkt mit neuen Produkten, etwa der Anteil recycelten Materials, die Verfügbarkeit von Reparaturdiensten und, ganz wichtig, Pflegehinweisen. Ist ja schon öfters vorgekommen, dass man mangels entsprechender Hinweise, das Lieblingsstück falsch gewaschen hat und dann entsorgen durfte. Nicht sehr nachhaltig. Andererseits wurde der Sekundärmarkt unter die Lupe genommen, also zum Beispiel Second-Hand-Verkauf oder Vermietung und Wiederverwendung gebrauchter Kleidung.
Sieht man sich die Ergebnisse genauer an, schaut es für die Branche ebenfalls nicht besonders gut aus. Gerade einmal sieben Prozent verwendet in glaubhaftem Maße regelmäßig recycelte Materialien, 54 Prozent nur für einige ausgewählte Artikel und 39 Prozent gleich gar nicht. Wird es aufwendiger in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit, schaut es noch düsterer aus. Reparaturdienste werden von nur fünf Prozent angeboten, da in erster Linie von Luxusmarken. Second-Hand-Verkauf gibt es von fünf Prozent und nur bittere zwei Prozent bieten Miet- oder Leasingdienste - gerade, was Artikel anbelangt, die du nur einmal in deinem Leben brauchst, eine sinnvolle Möglichkeit. Wenig überraschend schneiden Luxus- und Premiummarken am besten ab, die Kategorien Fast Fashion und Unterwäsche/Lingerie haben die niedrigsten Werte. Das gilt immer für die ganze Branche, wohlgemerkt, natürlich gibt es immer auch Ausreißer, vor allem kleinere Labels.
Modefirmen sind stark unter Druck
„Die Verabschiedung der EU-Textilstrategie bis 2030 setzt die Modefirmen stark unter Druck. Der ‚Circular Fashion Index‘ offenbart nur nicht nur ihre zögerliche Haltung, sondern macht auch deutlich, wie tief Nachhaltigkeit, besonders bei Fast Fashion, die bisherigen Geschäftsmodelle infrage stellt“, erklärt Frederic Dittmar, Co-Autor der Studie. Und Mirko Warschun wagt einen positiven Ausblick: „Wir können schon von einer anstehenden Revolution sprechen: Herstellung aus Monofasern, Recycling, zeitloses Design, Reparaturdienste und Secondhand- und Mietservice werden die Wertschöpfungskette nachhaltig verändern. Wer hier jetzt viel wagt, wird langfristig gewinnen.“