Die Wasserzuleitung für den Neusiedler See könnte mehr schaden als nutzen

Der Neusiedler See trocknet aus, das ist nicht neu. Auch nicht der Plan, ihn mit Donau-Wasser zu versorgen. So könnte aber das natürliche Gleichgewicht kippen.
Es ist ein Drama, was mit den österreichischen Seen passiert. Vielen von ihnen geht das Wasser aus, der Zicksee im burgenländischen Seewinkel etwa ist nur noch ein paar Zentimeter „tief“ und trocknet in den nächsten Wochen mit Gewissheit aus. Die in ihm noch lebenden Fische mussten erst vor kurzem gerettet werden, mit geringen Erfolgsaussichten. Auch der Neusiedler See, ebenfalls im Seewinkel, hat schon bessere Tage gehabt, sein Wasserstand ist so niedrig wie noch seit Beginn der Aufzeichnungen 1965, knapp ein halber Meter ist er zu seicht.
Man kann jetzt nicht sagen, dass nichts getan wird, es passiert nur einfach zu spät, viel zu spät. Immerhin wurde im Burgenland eine GmbH gegründet, um den Neusiedler See zu retten. Schlamm wird abgepumpt und Schilf gestutzt. Das mag einen vorübergehenden Nutzen haben, hebt aber den Wasserstand nicht nachhaltig. Denn dazu müsste es schlicht mehr regnen. Um dem Abhilfe zu schaffen, hat man eine Wasserzuleitung aus der ungarischen Moson-Donau geplant.
Das ökologische Gleichgewicht des Seewassers wäre massiv gestört
Das stößt nicht überall auf Begeisterung, im Gegenteil. Die burgenländischen Grünen etwa warnen vor den Auswirkungen einer künstlichen Wasserzufuhr. Denn das frische Nass der Donau hat doch eine andere chemische und biologische Zusammensetzung als der Steppensee. Die Maßnahme würde den darin lebenden Tieren und Pflanzen Schaden zufügen, das ökologische Gleichgewicht des Seewassers würde massiv gestört werden.
Der Neusiedler See stünde damit vor einem Kollaps. „Mit der Zuleitung würde man ihm wahrscheinlich sogar den Todesstoß versetzen“, erklärte Wolfgang Spitzmüller, Naturschutzsprecher der burgenländischen Grünen und Landtagsabgeordneter bei einer Pressekonferenz zum Thema.
Tatsächlich ist es so, dass der Neusiedler See einen leichten Salzgehalt aufweist, wodurch das Gewässer auch leicht trüb ist. Spitzmüller dazu: „Wenn wir hier Wasser hineinleeren, das dafür nicht geeignet ist - und dessen sind wir uns sicher -, dann ist die Gefahr, dass der See die Trübung verliert und den Salzgehalt.“ Was passiert dann? Wasserpflanzen wachsen, die dort eigentlich nicht vorkommen und Algen bilden sich, letztendlich könnte der See aufgrund der Zuleitung aus der Donau sogar schneller austrocknen.
Je mehr der Mensch eingreift, desto mehr schadet er
Warum? Weil das System kippt, weil hier plötzlich wuchert, was nicht hingehört. „Das ist ein vielfältiges System und je mehr wir daran herumbasteln, desto eher besteht die Gefahr, dass wir es verlieren“, so Spitzmüller. Doch was soll man tun? Tatenlos zusehen, wie der Neusiedler See, entweder langsam austrocknet oder durch ungeeignetes Donauwasser in Mitleidenschaft gezogen wird und letzten Endes erst Recht ebenfalls austrocknet? Natürlich nicht.
„Wir alle wünschen uns einen See mit Wasser, aber künstliche Eingriffe werden die natürlichen Phasen der Trockenheit auf die Dauer nicht stoppen können. So ehrlich muss man sein“, lässt Regina Petrik, Klubobfrau der burgenländischen Grünen in einer Aussendung wissen. Man müsse neue zukunftstaugliche Konzepte für Landwirtschaft und Tourismus entwickeln.
Der Neusiedler See speist sich aus Regenwasser
„Auch die Seegemeinden können hier Beiträge leisten. Etwa durch Zuleitung von Regen- und Oberflächenwasser in den See statt in die Kanalisation“, erklärt Petrik. Das würde dem Neusiedler See, der sich durch Regenwasser speist, tatsächlich zugutekommen. Die Natur ist halt unfassbar komplex und Wasser ist nicht gleich Wasser.