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7 Dinge, die du zu Österreichs Gas-Notfallsplan wissen solltest

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Von: Christian Kisler

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Montage: eine Gasspeicher, eine Gasherd
Die Gasspeicher wie etwa in Haidach in Salzburg sollen für den Bedarfsfall gut befüllt werden. © Daniel Scharinger/Catherina Hess/SZ-Photo/APA-PictureDesk

Was tun, wenn uns Russland tatsächlich das Gas abdreht? Wie Österreich darauf vorbereitet ist, zeigen wir dir in sieben Punkten.

Seit über fünf Monaten führt Wladimir Putins Russland einen Angriffskrieg auf die Ukraine, mit verheerenden humanitären Auswirkungen. Millionen Menschen sind auf der Flucht, die Zahl der Toten und Verletzten kann noch nicht einmal erfasst werden, ganze Städte sind dem Erdboden gleich gemacht worden. Spüren tun das aber auch an dem Krieg Unbeteiligte, allen voran die Länder der EU, die sich von Anfang dagegen ausgesprochen und mit Sanktionen reagiert haben. Allein, diese haben kaum gegriffen, nicht zuletzt deswegen, weil man auf russische Gas-Lieferungen in hohem Maße angewiesen ist, um den jeweiligen Energiehaushalt zu stemmen.

Allen voran Österreich, das sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten in eine nahezu beispiellose Abhängigkeit gegenüber Russland begeben hat. Im Irrglauben, einen besonders guten Deal an Land gezogen zu haben, hat man sich verpflichtet, auch bei Ausbleiben der vereinbarten Lieferungen zu zahlen. Und was haben wir jetzt? Den sprichwörtlichen Salat. Denn die Lieferungen werden gedrosselt und bleiben, wenn sich die Spirale weiter abwärts dreht, bald gänzlich aus. Gut, dass es einen Notfallplan gibt, zumal bereits Ende März die Frühwarnstufe ausgerufen wurde. Was heißt das jetzt?

1. Wir haben genügend Gas in unseren Speichern - noch

Der Füllstand von Österreichs Gasspeichern liegt derzeit bei 42 Prozent des Jahresbedarfs. Das klingt erschreckend wenig, aber erstens haben wir fast Juli, geheizt wird frühestens erst ab Ende September. Zweitens will die Regierung bis November 80 Prozent des Pegels erreichen. Abgesehen davon wird nun versucht, auch Gas von anderen Nationen als Russland beziehen zu können. Im Raum steht etwa Norwegen.

2. Du wirst im Winter nicht frieren müssen

Nein, du wirst nicht mehrere Schichten Socken und Wollpullover in deinem Zimmer tragen und dich in der Nacht in mindestens drei Decken einkuscheln müssen. Glaubt man den Berechnungen von Ministerin Leonore Gewesselers Klimaschutzministeriums, ist die Strom- und Wärmeversorgung für private Haushalte weiterhin nicht gefährdet. Wenn auch nur knapp. Sogenannte systemrelevante Einrichtungen wie etwa Spitäler und Kindergärten sind ebenfalls sicher. Weil der Gasdruck für Haushalte nur relativ gering sein muss, können diese auch dann noch versorgt werden, wenn es nur noch äußerst wenig Gas gibt.

3. Für die Industrie schaut es weniger gut aus

Im Falle des Falles, dass tatsächlich bedeutend weniger bis kein Gas mehr geliefert werden würde, würden Industrie und Gewerbe tatsächlich kürzertreten müssen. In Sachen Einsparung ergibt das aber durchaus Sinn, sehr sogar. Schließlich entfallen etwa 40 Prozent des Gasbedarfs in Österreich auf die Industrie, 30 Prozent auf Strom- und Wärmeerzeugung in Kraftwerken und 20 Prozent auf private Haushalte. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen Stadt und Land. Während in ländlichen Gegenden Gas zumindest in Privathaushalten kaum eine Rolle spielt, ist diese Energieform in Wien, Linz oder Graz umso wichtiger.

4. Wenn Russland bereits jetzt das Gas abdreht, wird es tatsächlich unangenehm

Russland ist kein verlässlicher Partner mehr, das hat uns das Gebaren des Staats seit Ausbruch des Ukraine gelehrt. Gesetzt den Fall, dass sofort, also noch im Juni, kein Gas mehr nach Österreich geliefert werden würde, würden unsere Reserven tatsächlich nur noch bis Mitte Dezember mit Sicherheit ausreichen. Das wäre mitten im Winter, wenn naturgemäß besonders viel geheizt wird. In diesem Fall träte der Notfallplan der Regierung Schritt für Schritt in Kraft.

5. Wegen der Frühwarnstufe musst du dir keine grauen Haare wachsen lassen

Wie gesagt, die Frühwarnstufe ist ohnehin schon am 30. März 2022 ausgerufen worden. Merke: Zu diesem Zeitpunkt waren die Gasspeicher lediglich zu 13 Prozent befüllt, also weit weniger als die gegenwärtigen 42 Prozent. Trotzdem gilt besagte Frühwarnstufe in erster Linie der Beobachtung der Situation am Gasmarkt, noch engmaschiger als zuvor. Außerdem soll mehr Gas gespeichert werden - was bis jetzt halbwegs erfolgreich gelungen ist. Und, besonders wichtig, ähem, ein regelmäßig tagender Krisenstab.

6. Wegen der Alarmstufe womöglich schon

Diese ist, wie du vielleicht bemerkt hast, noch nicht ausgerufen worden. Die Alarmstufe wird erst dann ausgerufen, wenn deutlich weniger Gas als sonst angeliefert wird. Das ist - noch - nicht der Fall, auch wenn es schon mal mehr war. Für dich und mich, also für private Haushalte, so sie denn auf Gas zurückgreifen müssen, ändert sich nichts. Allerdings müssen Unternehmen ihren Gasverbrauch der Regulierungsbehörde E-Control melden - und zwar täglich, über die nächsten Wochen.

7. Bei der Notfallstufe dürfen wir uns wirklich die Haare raufen

Sie ist quasi der Endgegner und möge nicht wirklich eintreten. Die Notfallstufe tritt dann ein, wenn gar kein Gas mehr geliefert wird. Dann werden wir alle, also sowohl Bevölkerung als auch Industrie, zur Sparsamkeit aufgerufen. Am wichtigsten: Haushalte, Spitäler und Altenheime weiterhin mit Gas zu versorgen. Dann wird es kompliziert, es gibt nämlich auch Unterstufen. Bei der ersten sind sämtliche Unternehmen verpflichtet, bei der Auktionsplattform „Flex-MOL“ teilzunehmen. Dabei sollen sie die knappen verbleibenden Gasmengen untereinander handeln, was ich mir ein wenig chaotisch vorstelle, aber bitte.

Bei der nächsten Unterstufe müssen jene 35 großen österreichischen Unternehmen, die den höchsten Gasverbrauch haben, diesen verpflichtend einschränken. Und zwar massiv. In der letzten Unterstufe sind schließlich ALLE Betriebe dran, die viel Gas verbrauchen und müssen sich in Verzicht üben. Das betrifft etwa 7.500 Unternehmen. Wie das kontrolliert werden soll, stelle ich mir höchst interessant vor. Chaos scheint jedenfalls vorprogrammiert.

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