Der Praterstern will sein schlechtes Image loswerden, das klappt aber nur zur Hälfte

Der Praterstern wird von Betonwüste und sozialem Brennpunkt zur grünen Wohlfühloase. Das will uns jedenfalls die Wiener Stadtregierung so verkaufen.
Es hätte so schön sein können. Die Präsentation des neu gestalteten Pratersterns, einst Drogenumschlagplatz und Betonwüste, hätte die Wiener Stadtregierung ins beste Licht rücken sollen. Unter anderem traten Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ), Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (ebenfalls SPÖ) und NEOS-Gemeinderat Stefan Gara an, um das 7,2 Millionen Euro teure Projekt zu preisen. Und ja, es stimmt, im Vergleich zu dem Zustand des Platzes vor, sagen wir, zehn Jahren, ist die Veränderung enorm.
So wurden etwa 56 Bäume neu gepflanzt, darunter 13 XXL-Platanen. Künftig sollen dort in Summe über 100 Bäume Schatten und Sauerstoff spenden. In der Mitte des Platzes hat man ein 500 Quadratmeter großes Wasserspiel installiert, ausgerüstet mit 330 Nebel- und Wasserstrahldüsen und laut Stadtverwaltung das größte in ganz Wien. Außerdem wurde die Grünfläche auf 8.000 Quadratmeter verdoppelt.
Seit fünf Jahren gilt am Praterstern ein absolutes Alkoholverbot
Das sieht natürlich ganz anders aus als früher, der Platz am Praterstern ist nicht wiederzuerkennen. Begonnen hat die Verwandlung ja schleichend, als 2018, also bereits vor fünf Jahren, ein absolutes Alkoholverbot ausgesprochen wurde. Alleine würde ich mich am Abend vor allem als Frau zwar immer noch nicht gerne dorthin verirren, aber das gilt ohnehin für die ganze Stadt.
Neben den quasi klassischen Bänken im Schatten des Denkmals von K.-u-.k.-Marinekommandant Wilhelm von Tegetthoff soll man künftig auch auf sogenannten „Prateroiden“ verweilen können. Allerdings nur kurz: die elliptisch geformten Betonklumpen haben keine Rückenlehne, auch sonst sehen sie nicht besonders bequem aus. Dass einige von ihnen nahe an der Straße angebracht sind, kommt hinzu.
Das nennt man „defensive Architektur“, Gestaltung, die dafür sorgt, dass sich Menschen nur möglichst kurz an einem bestimmten Ort aufhalten. Ganz allgemein bleibt angesichts der Versiegelungspolitik der Stadt, also dass Zubetonieren die Devise lautet, ein bitterer Beigeschmack. Da helfen 340 neue Fahrradabstellplätze auch nicht weiter.
Proteste blieben am Praterstern nicht aus
Kein Wunder also, dass die doch ein wenig eitle Präsentation von Klima-Aktivist:innen gestört wurde. Deren Anliegen wurde schnell ersichtlich: Auf einem Transparent war die Aufschrift „Greenwashing ist keine Klimapolitik“ zu lesen. Einen Platz schön grün zu gestalten und vom Hitze-Hot-Spot zur Wohlfühloase umzugestalten ist zu wenig, wenn gleichzeitig zwei andere ohne Not zu Parkplätzen umgewidmet werden.
Auch in der Kritik der Aktivist:innen stand das geplante Sporthallenprojekt mitten in der Venediger Au, außerdem wurde „Lobau bleibt“ geschrien. Erst am Montag statteten Polizist:innen dem Lobau-Camp einen Besuch ab, ohne es allerdings zu räumen. Angesichts der Untätigkeit der Regierung in Sachen Klimaschutz ist der Unmut junger Menschen nur allzu verständlich. Ohne das Projekt jetzt komplett schlecht reden zu wollen, aber: Da reicht ein einzelner auf Vordermann gebrachter Platz wie der Praterstern nicht aus.