1. BuzzFeed.at
  2. News
  3. Umwelt

„Eine gute Stadt für alle kann nur gemeinsam erreicht werden“: Das urbanize!-Klima-Fest zeigt, wie‘s geht

Erstellt:

Von: Christian Kisler

Kommentare

Montage: die klimaangepasste Zollergasse, das Supergrätzl Favoriten
Das urbanize!-Festival will helfen, dass alle in einer guten Stadt leben. © Milena Hufnagel/Christian Fürthner/MA18/BuzzFeed Austria

Fast eine Woche lang lädt das urbanize!-Festival in Wien ein, Wege aus der Klimakrise zu finden. Mit Diskussionen, Stadtführungen, Workshops und Filmen.

Seit 2010 wird das urbanize!-Festival, das „Internationale Festival für urbane Erkundungen“ nun veranstaltet. Und nein, es ist kein Popfest, Frequency, Nova Rock oder Lido Sounds mitten in Wien. Vielmehr soll es darum gehen, mit Vorträgen, Diskussionen, Stadtführungen, Workshops, Filmen und schon auch Musik für eine lebenswertere Stadt zu sorgen. Bis Sonntag, den 9. Oktober, findet es noch statt und widmet sich heuer der Klimakrise.

Alles soll innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sein

Grob gesagt geht es dieses Jahr um die „Stadt der kurzen Wege“, also dass alles innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sein muss - Stichwort „Supergrätzl“. Was genau dahinter steckt, das hat BuzzFeed Austria Elke Rauth von derive, dem Verein für Stadtforschung, der das urbanize!-Festival organisiert, gefragt.

Was genau ist das urbanize!, das „Internationale Festival für urbane Erkundungen“ in Wien? Was dürfen sich Interessierte darunter vorstellen?

Das urbanize!-Festival lädt zum Nachdenken, zu Diskussion und Information über aktuelle städtische Entwicklungen ein. urbanize! will Lust machen, für eine sozial und ökologisch gerechte Stadt einzutreten. Um sich an der Entwicklung unserer Grätzel und Nachbarschaften zu beteiligen, braucht es Wissen und Vernetzung. Das urbanize!-Festival bietet dazu mit 41 Vorträgen, Diskussionen, Stadtführungen, Workshops, Filmen und künstlerischen Beiträgen bei freiem Eintritt viele Gelegenheiten.

Was soll damit bewirkt werden, bei den Besucher:innen, aber auch bei politischen Verantwortungsträger:innen?

urbanize! will Mut für Engagement machen und das Bewusstsein schaffen, dass eine gute Stadt für alle nur mit allen gemeinsam erreicht werden kann. Das bedeutet zum einen, dass wir Stadtbewohner:innen uns einmischen und engagieren müssen, wenn wir eine lebenswerte Stadt haben wollen. Den politisch Verantwortlichen will urbanize! ein Angebot machen, auf Augenhöhe in den Austausch mit der Bevölkerung zu treten und zu erkennen, dass es sehr viele Menschen gibt, die bereit sind, sich an der Schaffung einer klimagerechten und lebenswerten Stadt zu beteiligen.

Beim 13. urbanize! geht es um den sozial- und klimagerechten Umbau unserer Stadt. Was bedeutet das und wie kann dieser gelingen?

Die Klimakrise schreitet in rasantem Tempo voran. Wien ist aufgrund seiner geografischen Lage davon besonders betroffen, die Hitzesommer zeigen das auch im Alltag der Menschen bereits deutlich. Viele europäische Städte arbeiten auf Hochtouren daran, die Stadt klimafit zu machen: Um den CO2-Ausstoß zu senken, brauchen wir mehr Radwege und attraktive Gehwege sowie ein flächendeckendes Öffi-Netz auch in der Donaustadt oder in Floridsdorf.

Welche Rolle spielt das Auto dabei?

Die Erledigungen des Alltags müssen ohne Auto möglich werden. Derzeit ist er zu einem riesigen Teil dem parkenden Auto zugeordnet. Wenn für den Alltag kein Auto mehr benötigt wird, gewinnen wir viel Raum für eine lebenswertere und menschengerechtere Stadt.  Das ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit: Alle Stadtbewohner:innen, besonders auch Kinder, alte Menschen und Menschen ohne hohes Einkommen, haben ein Recht darauf, in ihrem Umfeld Zugang zu klimafreundlichem Grünraum zu bekommen.

Die Rede ist von „polyzentralen Stadt-Strukturen für die ökosoziale Transformation“. Können Sie das für Unbedarfte übersetzen?

Polyzentrale Stadtkonzepte setzen sich international gerade unter dem Schlagwort „15-Minuten-Stadt“ durch oder wie es in Wien heißt: „Stadt der kurzen Wege“. Das bedeutet einfach, dass die Stadtentwicklung darauf achtet, in allen Vierteln und Grätzln eine gute Versorgung mit Schulen, kulturellen und sozialen Einrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten, Ärztinnen und Ärzten, öffentlichem Verkehr und attraktiven Parks und begrünten Straßen zu haben. Der Alltag soll in einem 15-Minuten-Radius zu Fuß oder mit dem Rad organisiert werden können.

Welche Auswirkungen hat das konkret?

Das senkt den CO2-Ausstoß und ist daher gut fürs Klima. Und es erhöht und bereichert das soziale Leben in der Nachbarschaft, weil Menschen sich wieder im öffentlichen Raum gerne aufhalten, im Park und zu Fuß am breiten Gehweg auch wieder vermehrt miteinander ins Gespräch kommen können. Es geht um den ökologischen und sozialen Umbau unserer Städte, also um eine „ökosoziale Transformation“.

Was sind die Höhepunkte des 13. urbanize! in Wien?

Ein Höhepunkt für alle, die aktiv werden wollen, ist der urbanize!-Thementag am Samstag, dem 8. Oktober: Von 10 bis 18 Uhr gibt es Vorträge und Workshops mit lokalen und internationalen Expert:innen zur Frage, mit welchen Strategien und konkreten Maßnahmen unsere Städte klimafit gemacht werden können und was jede:r dazu beitragen kann.

Es gibt auch Führungen. Welche sind besonders empfehlenswert?

Ein anderer Höhepunkt ist die Aktion „Luft Holen“ der Initiative Westbahnpark.Jetzt: Entlang der Frischluftschneise geht die Wanderung vom Wienerwald bis zum Westbahnhof, wo die Initiative schon lange einen dringend benötigten Park für den 15. Bezirk fordert. Andere Führungen am Sonntag widmen sich dem gerade umgebauten Praterstern oder erkunden mit dem Künstler und Stadtforscher Boris Sieverts entlang des Wienflusses die Penzinger Stadtstruktur. Ein perfekter Sonntagsspaziergang.

Auch interessant

Kommentare