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„Klassischer SLAPP“: Verein gegen Tierfabriken wird von Supermarktkette Spar wegen Protesten geklagt

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Von: Johannes Pressler

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Personen in Schweinemasken stehen vor einer Spar-Filiale und halten ein Plakat mit der Aufschrift „SPART EUCH DIESE VOLLSPALTEN TIERQUAL“.
Der Verein gegen Tierfabriken protestierte vor zahlreichen Spar-Filialen - hier in Innsbruck. Jetzt droht eine Klage. © VGT.at

Der Handelskonzern Spar klagt den Verein gegen Tierfabriken - unter anderem wegen „unlauteren Wettbewerbs“. Was steckt hinter den Vorwürfen?

Wenn es um öffentlichkeitswirksame Auftritte geht, weiß der Verein gegen Tierfabriken (VGT) genau, wie sowas funktioniert. Erst vor Kurzem stellte die NGO ein echtes totes Schwein mitten auf den Wiener Stephansplatz, um gegen Vollspaltenböden bei der Schweinehaltung zu demonstrieren. Zuvor sorgte ein Video, wo Influencer:innen auf Bilder von Tierversuchen reagierten, für Aufsehen. Die Supermarktkette Spar hat jetzt aber genug von den bewusst provozierenden Protesten und klagt den VGT. Aus der Sicht des Vereins sei das „absurd“.

Supermarktkette Spar klagt Verein gegen Tierfabriken

Kern der Angelegenheit ist der weiterhin anhaltende Streit um Vollspaltenböden bei der Schweinehaltung. Dazu gaben Tierschutzminister Johannes Rauch (Grüne) und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) am 1. Juli bekannt, dass ab 2040 alle Vollspaltenbuchten verboten werden. Die Mindeststandards dafür sollen ab 2028 festgelegt werden. Hierbei spielen die Handelsunternehmen wie Spar, Billa & Co. eine wichtige Rolle. Nach Gesprächen des Vereins gegen Tierfabriken mit der Spar-Leitung erteilte die Supermarktkette allerdings eine Absage. Es folgten zahlreiche Proteste der NGO vor der Unternehmenszentrale und weiteren großen Filialen.

Die Reaktion von Spar: eine umfassende Klage. Insgesamt geht es um 62.500 Euro. Konkret wirft die Supermarktkette dem Verein gegen Tierfabriken vor, durch die Kritik würde der Verein andere Supermarktketten fördern, der VGT sei daher ein „wirtschaftlicher Konkurrent“ und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb sei anwendbar. Zudem soll der VGT bei Protesten auf Transparenten und Flugblättern das Spar-Logo „verunstaltet“ haben. Der Schriftzug „Spar“ wurde dabei unter anderem mit rot tropfendem Blut dargestellt.

Der dritte Vorwurf: Der Verein gegen Tierfabriken habe Spar beleidigt. Man würde nämlich nur vor Spar-Filialen demonstrieren und den Großkonzern schlechter als andere Supermarktketten darstellen. Dabei zeigt die jüngere Vergangenheit, dass der VGT nicht nur vor dem Spar protestiert. Erst im April fand eine Ansammlung vor der Landwirtschaftskammer in Klagenfurt statt. Spar fordert jetzt eine Unterlassung weiterer Proteste, Widerruf der Kritik und Vernichtung der Kampagnenmaterialien. Was aber tatsächlich hinter der Klage steckt, ist eine bereits bekannte Strategie großer Unternehmen.

„Ein klassischer SLAPP“: VGT reagiert auf Spar-Klage

Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken, zeigt sich von der Spar-Klage „erschüttert“, wie es in einer Presseaussendung heißt: „Zu behaupten, man sei sozusagen verpflichtet, gleichzeitig gegen alle Supermarktketten zu protestieren, sonst würde das einen davon beleidigen, ist nachgerade absurd. Auch die Bauernverbände haben nur gegen Spar protestiert, und die werden schon wissen warum.“ Würden die Gerichte in diesem Fall für Spar entscheiden, würde der Spielraum für Proteste dramatisch eingeschränkt werden.

Für den VGT sei die Aktion von Spar „ein klassischer SLAPP“. Die Abkürzung steht für „Strategic Lawsuits against Public Participation“ - im Grund eine Einschüchterungsklage eines Großkonzerns gegen ein kleineres Unternehmen. Das Ziel ist klar: Kritische Stimmen in den finanziellen Ruin treiben. Für den VGT könnte bei Verurteilung eine „existenzgefährdende Schadenersatzklage“ folgen. Das Ganze weckt Erinnerungen an die Klage der OMV gegen die investigative Rechercheplattform „Dossier“ im Frühling 2021. Grund soll die kritische Berichterstattung von „Dossier“ gewesen sein. Ein langwieriges Gerichtsverfahren hätte für die Rechercheplattform das Ende bedeuten können. OMV zog die Klage daraufhin zurück.

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